Müntefering: Nicht reden, handeln!
Für Franz Müntefering ist Politik „nichts Theoretisches“. Der alte Fahrensmann der Sozialdemokraten reist nicht umher, um irgendwelche Reden zu schwingen, die ohne Wirkung bleiben. „Wir dürfen nicht länger abwarten, sondern wir müssen etwas tun“, lautet sein Aufruf gleich zum Einstieg seines Vortrages in Gieboldehausen zum demografischen Wandel. „Wie sieht es aus, was ist zu tun?“
Die sprichwörtlich kurzen Müntefering-Sätze formuliert der zweifache SPD-Vorsitzende, Landesminister, Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Fraktionsarbeitsgruppe „Demografischer Wandel und Leben im Alter“ routiniert und ohne zu zögern, nur durch Zwischenapplaus unterbrochen. Als er vom Göttinger SPD-Unterbezirksvorsitzenden Thomas Oppermann ins Eichsfeld eingeladen wurde, zögerte er ebenso wenig mit seiner Zusage, die er Ende Mai einlöste.
Alles dreht sich um den sozialdemokratischen Gesellschaftsentwurf. Wie sieht es in 30 oder 40 Jahren aus? Kurz formuliert: „Friedlich, demokratisch und auf der Grundlage nachhaltigen Wohlstandes.“ Der Sauerländer will nicht über Kinder jammern, die wir nicht haben, sondern aufzeigen, was zu tun ist mit denen, die jetzt da sind „und wie wir alle älter werden“. Machbar muss es sein, postuliert der 71-jährige Ausdauerpolitiker. Fachkräfte in der Region halten, Frauen besser fördern, Verantwortung für das Gemeinwesen zeigen – und ehrlich zueinander sein. So lauten die klaren Bekenntnisse von Müntefering, der die SPD nach wie vor als „Wohlstandspartei“ sieht. Klarer Satz: „43 Prozent von viel ist mehr als 46 Prozent von wenig.“
Landratskandidat Bernhard Reuter lobte denn auch den prominenten Gast. Der habe der Versuchung widerstanden, angesichts kritischer Prognosen in resignative Stimmung zu verfallen. Reuter sieht die Kommunen in der besonderen Verantwortung für die Gestaltung der Folgen des demografischen Wandels: „Wir müssen uns um Ganztagsschulen kümmern, auch wenn originär das Land zuständig ist.“ Nicht nur für Reuter war der Abend in Gieboldehausen ein gelungenes Heimspiel, auch Franz Müntefering kam mit der besonderen Eichsfelder Mentalität als erfahrener Katholik bestens zurecht. In „Münte-Deutsch“ vor über 100 Zuhörern ausgedrückt: „Frauen sind in der Schule besser. Sie sind in der Uni besser. Und dann kommt die Sache mit der Biologie.“