Herzberg. „Unser Sozialstaat ist eine große Errungenschaft, mit der Gewissheit der Unterstützung in Notlagen“. Mit diesen Worten eröffnete die Gastrednerin, Dr. Carola Reimann (Niedersächsische Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung) ihren Vortrag in der Seniorenresidenz Stiemerling in Herzberg. Grund dafür war der traditionelle Neujahrsempfang der SPD AG 60 Plus „Region am Harz“ mit rund 70 Teilnehmern am vergangenen Samstag.

Das Fundament unserer Gesellschaft sei soziale Sicherheit und Teilhabe, so die Ministerin weiter. Dennoch werde niemand aus der eigenen Verantwortung entlassen. Die soziale Ausgestaltung liege in den Händen der gesellschaftlichen Institutionen, den Unternehmen sowie bei allen Menschen. Unverzichtbarer Teil sei die Ehrenamtlichkeit. Im digitalen Zeitalter ginge es darum, auskömmliche Löhne und gute Arbeitsbedingungen sowie das Recht auf Weiterbildung zu schaffen. Große Herausforderungen im Ministerium seien die Bekämpfung der Kindesarmut und die Bedingungen in der Pflege. Was die Kindesarmut anginge, hätten sich die Zahlen in Niedersachsen zwar positiv entwickelt, dennoch drohe jedes fünfte Kind „abgehängt“ zu werden. „Die Armutskriterien sind: Kinder zu haben oder Kind zu sein. Und das in einem reichen Land wie Deutschland“, kritisierte die Ministerin. Es gebe über 100 beantragbare Familienleistungen, die jedoch verwirrend und kompliziert seien, und oft nicht da ankommen, wo sie gebraucht werden. Hier sei man gerade dabei, eine einheitliche Förderung aus den Mitteln SGB II, Kindergeld, Kinderzuschlag und dem Bildungs- und Teilhabe-Paket zu entwickeln. Mit im Boot seien alle Bundesländer, bis auf Bayern. Das Vorhaben sei groß und ein „dickes Brett“, wie die Ministerin es beschrieb, und würde noch eine Zeit in Anspruch nehmen. Ihr Referat, für das sich die Ministerin viel Zeit nahm, sorgte für einen umfassenden Einblick in ihre Arbeit und ihr Engagement. Zudem berichtete sie stets natürlich und auf Augenhöhe mit dem Publikum. Im Anschluss beantwortete Reimann auch gerne die zahlreichen Fragen zu ihren Ausführungen zu den notwendigen Änderungen im Pflegebereich.

Riethig
Kreisrat Marcel Riethig appellierte an alle demokratischen Parteien, für den Erhalt des Sozialstaates zusammenzustehen.

In seinem Grußwort ging der Kreisrat vom Landkreis Göttingen, Marcel Riethig, auf die goldenen 20er Jahre vor Hundert Jahren ein. 1920, das seien Zeiten des Aufbruchs gewesen, in der Wirtschaft, in der Technik und auch gesellschaftlich. Dennoch sei die Einstellung der Menschen damals zu sorglos gewesen, in Anbetracht des Aufkeimens des Nationalsozialismus, so Riethig. „Klar, sind die Zeiten damals und heute nicht gleich, aber die Geschichte kann sich wiederholen. Die SPD hat die große Aufgabe, dafür zu sorgen, dass es nie wieder dazu kommt“. Die AfD bedeute die Abkehr vom Wohlfahrtsstaat, deshalb sollten alle demokratischen Parteien sich nicht als Gegner sehen sondern als Mitbewerber, und deshalb zusammenstehen.

Mit Befremden nehme er auf, in welcher Art und Weise Politiker beschimpft würden, sagte Karl Heinz Hausmann (MdL) in seinem Grußwort. „Wir haben 75 Jahre Kriegsende, uns geht es immer besser, aber die Erwartungen werden auch immer höher“. Diesen Worten pflichtete auch der Vorsitzende der AG 60 Plus im Unterbezirk Göttingen, Manfred Wesemann, bei. Täglich gebe es neue Herausforderungen in Politik und Gesellschaft. Die SPD sollte sich darauf besinnen, dass die AG 60 Plus eine Bereicherung in der politischen Arbeit sei. Im Unterbezirk sei die AG die stärkste und aktivste Gruppe. „Mir wurde schon einmal gesagt, die AG 60 Plus seien die neuen Jusos“, so Wesemann humorvoll.

„Dank der Teilnehmer sind die Veranstaltungen der AG 60 Plus erfolgreich“, betonte der Vorsitzende Helmut Minne, der sich auch bei den beiden Ortsvereinsvorsitzenden Lutz Riemann (Hattorf) und Alexander Saade (Osterode) für ihren Besuch bedankte. Minne wünscht sich, dass sich auch aus den anderen fünf Ortsvereinen im Unterbezirk die Vorsitzenden stärker für die Veranstaltungen der AG 60 Plus interessieren würden. Mit einem Dankeschön wandte sich Minne auch an seine Vorstandskollegen und an seine Frau Vera. Abschließend betonte der Vorsitzende, dass man mit Willen, Bereitschaft und Verantwortung etwas ändern könne und müsse, wenn man über den Zustand der heutigen Gesellschaft klage. hn