
6. März 2021: ASF Göttingen zum Internationalen Frauentag 2021 – Frauen sind systemrelevant!
Corona macht die bestehenden Ungleichheiten der Geschlechter
sichtbar. Frauen sind die Hauptbetroffenen der Corona-Pandemie auf
dem Arbeitsmarkt. Sie sind beim Kurzarbeitergeld benachteiligt, das
maximal eine Fortzahlung von zwei Dritteln des wegfallenden
Nettogehalts garantiert, da erwerbstätige Frauen im Durchschnitt
niedrigere Einkommen beziehen, seltener eine Aufstockung durch den
Betrieb erhalten und sich dank Ehegattensplitting hoch besteuerter
Einkommen vieler Ehefrauen negativ auswirkt. Dadurch müssen Frauen
mit erheblichen Gehaltskürzungen auskommen.
Nach dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung beträgt der
Frauenanteil in den systemrelevanten Berufsgruppen 75 Prozent. Frauen
überwiegen in den Pflege- und Sozialberufen, als Erzieherin,
Kranken- oder Altenpflegerin. Sie tragen die Hauptlast in der
Corona-Pandemie. Aber Applaudieren reicht hier nicht! Die ASF fordert
die Anhebung des Lohnniveaus in den Pflegeberufen und verpflichtende
Tarifverträge. Erzieherinnen und Lehrerinnen müssen vorrangig
geimpft werden können, damit Kitas und Schulen wieder vollständig
geöffnet werden.
In der Corona-Krise lastet die Haus- und Familienarbeit zum
überwiegenden Teil auf den Schultern der Frauen. In der Krise haben
meist die Frauen die zusätzliche Sorgearbeit übernommen, die
Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen, etwa nach
Schließung der Tagespflegeeinrichtungen. Frauen haben schon vor
Corona durchschnittlich 1,5 Stunden täglich mehr Haus- und
Sorgearbeit erledigt, als ein Mann. Noch immer erledigen 69 Prozent
der Frauen die generelle Hausarbeit allein, so eine aktuelle Studie
der BertelsmannStiftung aus Dezember 2020. Im homeoffice, beim
homeworking und homeschooling leisten Frauen in der Pandemie eine
untragbare Mehrfachbelastung in ihrem Job, als Mutter und im
Haushalt.
Neben den gesundheitlichen Folgen besteht die Gefahr, dass Frauen
beruflich zurückfallen und vom Aufstieg im Job abgehängt werden.
Frauenförderpläne in den Betrieben müssen die neuen digitalen
Arbeitsbedingungen aufgreifen und sicherstellen, dass Frauen auch
nach der Pandemie beruflich gleich gestellt sind.
Die häusliche Gewalt nimmt in Krisenzeiten zu! Die Situation der
Familien in der Coronakrise begünstigt häusliche Gewalt gegenüber
Frauen und Kindern. Zufluchtstätten, wie das Frauenhaus Göttingen
und Beratungsstellen wie der Frauennotruf, das
Frauengesundheitszentrum oder Pro Familia sind in der Corona-
Pandemie besonders gefordert. Ihre Arbeitsbedingungen sind jedoch
ungleich schwerer.
Die Vorsitzende der ASF-Göttingen Dr. Dagmar Schlapeit-Beck fordert:
„Die Mitarbeiterinnen und Bewohnerinnen des Frauenhauses müssen
prioritär geimpft werden können, denn diese Arbeit kann nur in
Präsenz und im unmittelbaren Kontakt der Betroffenen erfolgen. Das
Frauenhaus benötigt ausreichend kostenlose Corona-Schnelltests.
Aufgrund des erhöhten Bedarfs müssen auch zusätzliche angemietete
Räume etwa in Hotels für die Unterbringung bedrohter Frauen und
Kinder finanziert werden.
Die Frauenberatungsstellen benötigen zusätzliche finanzielle Mittel
vom Land Niedersachsen und von den Kommunen, da diese während der
Corona-Pandemie einen höheren personellen und zeitlichen Aufwand
betreiben müssen, um ihre Arbeit erfolgreich meist digital zu
gestalten.
Corona legt die systematische Ungleichheit der Geschlechter in
unserer Gesellschaft offen. Um diese abzubauen, ist auch eine
geschlechtergerechte Verteilung der finanziellen Mittel in allen
öffentlichen Haushalten erforderlich.