Stellungnahme zum Dialogpapier "Wirtschaftspolitik"
Stellungnahme der AGS Göttingen zum Dialogpapier Wirtschaftspolitik des SPD-Landesverbandes Niedersachsens zur Landtagswahl am 20. Januar 2013
1. Niedersachsens Wirtschaft im Wandel (zur Einführung)
Ein Wahlprogramm muss schon in seinen Vorstufen klare Intentionen erkennen lassen. Schon die erste Überschrift „Niedersachsens Wirtschaft im Wandel“ und der erste Satz des Dialogpapiers bleibt in der Banalität stecken: „Niedersachsen ist ein Flächenland…“ Auch die belanglose Feststellung „Niedersachsen ist ein Land im Wandel“ (2. Satz) könnte für jedes andere Bundesland auch gelten und könnte auch von jeder anderen Partei aufgeschrieben werden, ist also ohne Wert für die SPD Niedersachsen.
Dieses Grundproblem zieht sich durch große Teile des Dialogpapiers. Formulierungen wie „Die Potentiale des Landes sind erheblich, aber bei Weitem noch nicht ausgeschöpft“ oder „Diese Entwicklungen sind für unser Land mit großen Chancen aber auch erheblichen Risiken verbunden.“ sind letztlich Papierverschwendung, oder kritischer bemerkt: ein Dokument der Mutlosigkeit. Das geht einfach gar nicht!
So sei der erste Absatz beispielhaft neu (kompakter) formuliert:
Niedersachsen als Flächenland muss die Stärken der Regionen besser nutzen, um im Übergang zu einer wissensbasierten Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft die Zukunft zu sichern. Bildung und Forschung müssen gezielt ausgebaut werden, um genügend Fachkräfte auszubilden und im Land zu halten. Den demografischen Wandel wollen wir als Herausforderung begreifen, neue Entwicklungen anzustoßen, die den Menschen in ihren jeweiligen Lebensphasen dienen und das Zusammenleben auf einer wirtschaftlich starken Grundlage sichert.
1.2. Regionen (letzter Punkt im Kapitel 1)
Die SPD Niedersachsen setzt auf „eine gemeinsam mit und auf die Regionen abgestimmte“ Politik. Das ist vierfach verunglücktes Politiksprech. Wenn die Politik mit und auf die Regionen abgestimmt ist, dann ist das auch gemeinsam. Solche Wortgirlanden helfen uns nicht.
Es würde völlig ausreichen, auf eine mit den Regionen abgestimmte Politik zu setzen.
Aber verdeckt wird ein Grundproblem. An keiner Stelle fordert die SPD Niedersachsen die Bildung von Regionen bzw. deren Förderung durch das Land. Das gilt auch für die Förderung von Metropolregionen. Genau das aber erwarten wir von der SPD-Landespolitik! Schließlich geht es darum, die Ungleichgewichte zwischen den Landesteilen abzubauen.
Es wäre gut, wenn in groben Zügen die Vision der SPD zur wirtschaftlichen Gestaltung des Landes deutlicher erkennbar wäre.
2. Gegen Schwarz-Gelb – konkrete Alternativen
Sehr ausführlich brandmarkt das Dialogpapier die Wirtschaftspolitik von Schwarz-Gelb. Wir denken, dass die konkreten sozialdemokratischen Alternativen nicht erst in späteren Kapiteln präsentiert werden dürfen, sondern viel direkter in die Diskussion einzuführen sind.
3. Konzentration auf das Wesentliche
Hier wird gleich anfangs von Wirtschaftswachstum gesprochen, obwohl sehr schnell deutlich wird, dass es um mehr geht: um Wachstum überhaupt, im Sinne der Öffnung von Horizonten, der besseren Qualifizierung und besserer Arbeits- und Lebensqualität. Also sprechen wir doch bitte von Wachstum ohne die Einengung.
3.1. Qualifikation und Bildung
Die effektive Zusammenarbeit der Hochschulen soll nach unserer Auffassung auch zu mehr Ausgründungen führen. Wir sollten diese gezielt fördern. Das müssen wir auch erwähnen.
3.2 Gute Arbeit
Richtig ist, Sachverstand von Dritten zu nutzen und diese in Form einer Denkfabrik mit einzubeziehen. Es sollte gerade vor dem Hintergrund der Transparenzdiskussion genauer dargelegt werden, was die Denkfabrik sein soll.
4.2. Dienstleistungspolitik
Wir vermissen die ausdrückliche Benennung der Kreativ-Wirtschaft, also der Medien, der Verlage von Zeitschriften, Zeitungen und Büchern.
Wir vermissen ein Bekenntnis zum Schutz geistigen Eigentums. Es ist modisch, das Urheberrecht in Frage zu stellen und Diebstahl zu bagatellisieren. Wir erwarten ein Bekenntnis zum Schutz kreativer Leistungen, nicht nur für Medienschaffende, sondern auch für die Wissenschaft als Träger innovativer Entwicklungen.
4.5. Mehr Handlungsspielraum für die öffentliche Hand
Ein neues Gemeindewirtschaftsrecht ist avisiert, es sollten die Kernfragen, wie eine bessere kommunale Finanzausstattung erreicht werden soll, benannt werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der Einführung der Schuldenbremse auch für das Land und kommunalen Erfahrungen auch mit sozialdemokratischen Landesregierungen.
5. Struktur- und Regionalpolitik
Niedersachsen braucht starke Regionen. Siehe Punkt 1.2. Dort, wo starke Regionen noch nicht bestehen, müssen sie gefördert werden.
Der Ausbau der Infrastruktur darf sich nicht nur auf den Bau von Autobahnen (6. Spiegelstrich des Kapitels) beschränken. Wir brauchen einen schnellstmöglichen, flächendeckenden Ausbau des Seehafenhinterlandverkehrs auf der Schiene und die dafür nötigen Logistikzentren. Das Land Niedersachsen als Flächenland bietet dafür überdurchschnittlich gute Voraussetzungen, jedenfalls dann, wenn die einseitige Orientierung auf den mineralölzehrenden Straßenverkehr endlich aufgegeben wird.
6. Keine Doppelstrukturen!
Es wird im Dialogpapier sowohl die „Initiative Gesunde Ernährung“ als auch die „Initiative Ernährung“ erwähnt. Solche Doppelstrukturen sollten unterbleiben.
AGS-Unterbezirk Göttingen, 21. Mai 2012