Eine Gruppe von den SPD-Frauen Osterode hat im Rahmen ihrer jährlichen Städtetour jetzt den „frauenOrt“ Bad Gandersheim besucht. Seit 2008 gibt es die im Hinblick auf historische Frauenpersönlichkeiten vom Landesfrauenrat initiierte „frauenOrte“ in Niedersachsen in denen spezielle Stadtspaziergänge, Lesungen oder ähnliche Aktionen angeboten werden.

Bei herrlichem Sommerwetter traf man sich vor der Stiftskirche zu einem solchen Spaziergang auf den Spuren der Roswitha von Gandersheim (935-980), der ersten deutschen Schriftstellerin und Dichterin. Die sächsische Adlige lebte als Kanonisse nach religiösen Regeln im Damenstift zu Gandersheim. Sie legte keine Gelübde ab, durfte Eigentum besitzen und auch Kontakt zur Außenwelt halten und hätte auch auf eigenen Wunsch aus dem Stift ausscheiden können. Zu der Zeit des frühen Mittelalter, zu der es nicht viele schreibende Frauen gab, erlaubte sie sich als eigenständige Schriftstellerin einige dichterische Freiheiten. Gezielt wandte sie sich an ihre Zeitgenossinnen und rief diese auf, sich geistig und körperlich nicht vom Mann beherrschen zu lassen, sondern sich, dem damals, idealen Frauenleben im klösterlichen Zusammenhalt zu widmen.

AsF in Bad Gandersheim
Die Teilnehmerinnen an der Fahrt nach Bad Gandersheim

Nach heutigen Kenntnissen verfasste sie in Latein und auf Pergament acht Legenden, sechs Dramen und zwei epische Geschichtsschreibungen die aber leider bis heute nicht sehr bekannt geworden sind. Die Osteroder SPD-Frauen erfuhren so viel über die Geschichte, die politischen Verhältnisse und über das Leben vor über eintausend Jahren hier in unserer Region. In dieser Zeit hatten die Äbtissinnen der Stifte und Konvente wohl auch viel Einfluss und politische Macht, da sie alle dem Adel angehörten und über gute Kontakte zu den Königshäusern und nach Rom verfügten.

In Gandersheim spielt die Erinnerung an Roswitha seit vielen Jahren eine wichtige Rolle, so wird seit 1973 alljährlich der Roswitha-Literaturpreis an eine deutschsprachige Schriftstellerin verliehen. Die seit 1959 stattfindenden Domfestspiele und einige Erinnerungspunkte, wie der Roswitha-Brunnen, -Fenster und -Gedenkstein halten das Gedenken an die erste deutsche Dichterin wach. Der frauenspezifische Stadtspaziergang endete im Kloster Brunshausen bei einer gemütlichen Kaffeerunde mit der Reflexion des Lebens dieser wohl einmalig interessanten Frau.